Bundesgerichtshof Entscheidungen

Bereicherungsanspruch des Gewerbemieters aufgrund vorgenommener Einbauten bei vorzeitiger Rückgabe der Mietsache an Ersteigerer des Mietobjekts - XII ZR 73/07 -


Im September 2009 hatte der unter anderem für das Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in zwei Entscheidungen über das Bestehen eines Bereicherungsanspruchs des Gewerbemieters aufgrund von diesem vorgenommener Einbauten bei vorzeitiger Rückgabe der Mietsache nach der Zwangsversteigerung des Mietobjekts an den Ersteigerer zu entscheiden.


Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen sowie darüber, ob der Mieter bei vorzeitiger Rückgabe des Mietobjektes an den Ersteigerer einen Bereicherungsanspruch gegen diesen hat.


Mit schriftlichem Vertrag vom 15. Mai 1998 mieteten die Beklagten (Mieter) von der damaligen Grundstückseigentümerin Gewerberäume für 15 Jahre mit anschließender Verlängerungsoption.

Die B. -Bank AG, deren 100 %ige Tochter die Klägerin ist, betrieb in der Folgezeit die Zwangsversteigerung des Mietgrundstücks.

Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Dezember 2003 erhielt die Klägerin den Zuschlag für das Grundstück. Sie kündigte mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 gegenüber den Beklagten (Mietern) das Mietverhältnis unter Bezugnahme auf § 57 a ZVG zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Beklagten (Mieter) verweigerten unter Hinweis auf von ihnen getätigten Investitionen die Herausgabe des Mietobjektes.


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Das Landgericht hat der Räumungs- und Herausgabeklage stattgegeben und die von den Beklagten (Mieterin) hilfsweise erhobene Feststellungswiderklage als unzulässig abgewiesen. Im Berufungsverfahren haben die Parteien die Räumungsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagten (Mieter) haben widerklagend beantragt,

a) festzustellen, dass sie gegen die Klägerin in Folge ihrer Einbauten durch die Steigerung des Ertragswertes des streitbefangenen Mietobjekts um den monatlichen Mehrerlös an Miete von 2,44 € pro vermieteten Quadratmeter, bezogen auf die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zu ihrem Auszug Bereicherungsansprüche haben, so dass der Klägerin keine Nachzahlungsansprüche auf Miete für diese Zeit zustehen, in der sie das Mietobjekt noch in Besitz gehabt hätten,

b) die Klägerin zu verurteilen, an sie 18.052,03 € nebst 8 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 1. April 2007 zu zahlen,

hilfsweise hierzu festzustellen, dass ihnen Bereicherungsansprüche gegen die Klägerin wegen der Steigerung des Ertragswertes des Mietobjektes aufgrund der Mietdifferenz zwischen der von ihnen laut Mietvertrag geschuldeten Miete in Höhe von 2,56 € pro Quadratmeter bis 31. März 2009, von 2,71 € pro Quadratmeter vom 1. April 2009 bis 31. März 2014 und von 2,87 € pro Quadratmeter vom 1. April 2014 bis 31. März 2019 und der von der Klägerin erzielten beziehungsweise zu erzielenden Miete zustehen.

Der Bereicherungsanspruch errechnet sich nach der Steigerung des Ertragswertes des Mietobjektes aufgrund der Steigerung des Jahresmietwertes, in Verbindung mit der Restnutzungsdauer laut Mietvertrag, multipliziert mit dem Vervielfältiger laut Tabelle in der Anlage zu § 16 Abs. 3 WertV bei einem Liegenschaftszins von 6,5 %.

Gegen die Abweisung der Widerklage wenden sich die Beklagten (Mieter) mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.


In den Entscheidungsgründen heißt es:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

1. Das Oberlandesgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, ausgeführt:

Die Widerklage sei nicht begründet. Das Mietverhältnis sei unabhängig von den Voraussetzungen der §§ 57 a, c ZVG beendet und die Beklagten (Mieter) gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe der Mieträume verpflichtet.

Wegen der fehlenden Beurkundung des von den Parteien vereinbarten verlorenen Baukostenzuschusses sei die Schriftform nicht eingehalten. Gemäß § 566 Satz 2 a.F. BGB gelte der Vertrag deshalb als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und könne daher von der Klägerin gemäß § 580 a Abs. 2 BGB jederzeit spätestens am 3. Werktag eines Kalenderjahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres ordentlich gekündigt werden. Von dieser Kündigungsmöglichkeit habe die Klägerin spätestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 Gebrauch gemacht.


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Nach der wegen des Beklagtenvorbringens zu unterstellenden Vereinbarung eines verlorenen Baukostenzuschusses komme ein Bereicherungsanspruch in Betracht, weil wegen der vorzeitigen Beendigung des langfristig konzipierten Mietvertrages der Baukostenzuschuss nicht "abgewohnt" sei und somit der rechtliche Grund der für die Zeit nach der Beendigung des Mietvertrages erbrachten Leistung weggefallen sei.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Bereicherung weder nach den mit dem Zuschuss gedeckten Baukosten noch nach der durch die Mieterleistung geschaffenen Werterhöhung des Bauwerks zu bemessen, sondern allein nach den Vorteilen, die der Vermieter daraus erzielen könne, dass er vorzeitig in den Genuss der Nutzungsmöglichkeit gelangt sei, die dem Mieter für die Zeit nach tatsächlicher Vertragsbeendigung bis zum an sich vorgesehenen Vertragsablauf entgangen sei.


Ob bei der Bestimmung dieses Ertragswertes ein fiktiv erzielbarer oder der mit einem Mietnachfolger tatsächlich vereinbarte Mietzins maßgebend sei, könne dahinstehen. Der Bereicherungsanspruch richte sich nämlich nicht gegen den Ersteigerer des Grundstücks, sondern gegen den ursprünglichen Vermieter.

Seien die wertsteigernden Aufwendungen bereits zu einer Zeit vorgenommen worden, als der ursprüngliche Vermieter noch Eigentümer des Grundstücks gewesen sei, richte sich der Bereicherungsanspruch nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2005 (- XII ZR 43/02 - NJW-RR 2006, 294) gegen den Erwerber.

Dies gelte aber nicht, wenn das Grundstück nicht rechtsgeschäftlich, sondern im Wege der Zwangsversteigerung erworben worden sei. Bei einem verlorenen Baukostenzuschuss, um den es sich nach dem Vorbringen der Beklagten (Mieter) handele, komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 16, 31, 35 f.; BGH Urteil vom 14. Juli 1960 - VIII ZR 156/59 - WM 1960, 1125) ein Bereicherungsanspruch nur gegen den früheren Vermieter, nicht aber gegen den Ersteher in Betracht.


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Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2005, der ein rechtsgeschäftlicher Eigentumswechsel zugrunde liege, lasse sich nicht entnehmen, dass der Bundesgerichtshof insoweit von seiner früheren Rechtsprechung habe abweichen wollen.

Zwar bestünden keine durchgreifenden Bedenken gegen die Haftung des Erstehers für als Baukostenzuschuss geleistete Mietvorauszahlungen; der Ersteher müsse nämlich ebenso wie der Realgläubiger mit solchen rechnen und könne sich ebenso wie dieser nach ihnen erkundigen.


Die Erkundigungsmöglichkeit versage aber, wenn - wie hier - die Einsicht in die Mietverträge nicht zu einer Klärung führe, weil der verlorene Zuschuss nicht dokumentiert sei und der Mietvertrag auch keine Belege über eine Abwohnbarkeit, Anrechenbarkeit auf Mietzins, Zurückzahlung usw. enthalte.

Jedenfalls in diesem Fall gebiete es der Schutz der Realgläubiger, den Ersteher bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht nach Bereicherungsrecht für einen verlorenen Baukostenzuschuss des gewerblichen Mieters haften zu lassen.


Die Erzielung angemessener Erlöse in der Zwangsversteigerung sei im Rahmen der dinglichen Rechtsordnung für die Realgläubiger von ausschlaggebender Bedeutung. Ihre Rechtsstellung werde gegenüber der Anerkennung ausdrücklicher Abwohn-, Mietvorauszahlungs- und Verrechnungsvereinbarungen viel weitgehender beeinträchtigt, wenn sich in der Zwangsversteigerung kein angemessener Erlös mehr erzielen lasse, weil der Ersteher dem Risiko eines Bereicherungsanspruchs ausgesetzt sei.


Die Realgläubiger könnten dem nur begegnen, indem sie kein oder nur ein geringeres Gebot abgäben. Vor diesem Hintergrund könne die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Oktober 2005 im Interesse der Rechtssicherheit im Realkreditwesen nicht auf den Erwerber des Grundstücks in der Zwangsversteigerung angewendet werden.


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2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass den Beklagten (Mietern) ein Bereicherungsanspruch (Bereicherung in sonstiger Weise) zustehen kann, weil die Klägerin als Vermieterin vorzeitig, und zwar in Folge ihrer Kündigung schon zum 31. Dezember 2005 und nicht erst mit Ablauf der vertraglich vorgesehenen Mietzeit in den Genuss der wertsteigernden Investition der Beklagten gekommen ist (BGH Senatsurteil vom 5. Oktober 2005 - XII ZR 43/02 - NJW-RR 2006, 294).

Dem steht auch nicht entgegen, dass - nach Auffassung des Berufungsgerichts - der auf eine bestimmte Zeit fest geschlossene Mietvertrag wegen Nichteinhaltung der Schriftform des § 550 BGB mit gesetzlicher Kündigungsfrist kündbar war.


Der Umstand, dass der Mietvertrag in einem solchen Fall vorzeitig kündbar ist, ändert nichts daran, dass die Parteien einen auf 15 Jahre unkündbaren Mietvertrag haben vereinbaren wollen.

Der Abschluss eines insoweit langfristigen Vertrages bietet nach wie vor die Grundlage für die von den Beklagten (Mietern) getätigten Investitionen. Mit der Beendigung des Mietvertrages vor dem von den Parteien geplanten Ende ist der Rechtsgrund für die von den Beklagten (Mietern) vorgenommene Investition weggefallen (BGH Urteil vom 21. Januar 1960 - VIII ZR 16/59 - WM 60, 497, 498) mit der Folge, dass der Vermieter bereichert sein kann.


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b) Soweit das Berufungsgericht aber unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 1954 (BGHZ 16, 31 ff.) und vom 14. Juli 1960 (- VIII ZR 156/59 - WM 1960, 1125 ff.) meint, ein etwaiger Bereicherungsanspruch richte sich nicht gegen den Ersteigerer, sondern gegen den ursprünglichen Vermieter, kann ihm nicht gefolgt werden.

Mit nach Erlass des Berufungsurteils ergangenem Urteil vom 20. Mai 2009 (- XII ZR 66/07 - NJW 2009, 2374) hat der Senat entschieden, dass sich der Bereicherungsanspruch nicht gegen den ursprünglichen Vermieter, sondern gegen den Ersteigerer richtet.


aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen einen Bereicherungsanspruch gegen den Ersteigerer verneint.

Mit Urteil vom 5. Oktober 2005 (aaO) hat der erkennende Senat aber entschieden, dass bei einem Vermieterwechsel infolge Grundstücksveräußerung nicht derjenige Bereicherungsschuldner ist, der im Zeitpunkt der Vornahme der Investition Vermieter war, sondern der neue Vermieter, der die Mietsache vorzeitig zurückerhält.


Tragender Grund dieser Entscheidung ist, dass sich der Umfang der Bereicherung nicht nach der Höhe der Aufwendung des Mieters richtet und auch nicht im Zeitwert der Investition und der Verkehrswertsteigerung des Mietobjektes bei Rückgabe (und erst recht nicht zu einem früheren Zeitpunkt) besteht, sondern allein in der Erhöhung des Ertragswertes, soweit der Vermieter diesen früher als vertraglich vorgesehen durch anderweitige Vermietung zu einem höheren Mietzins realisieren kann.

Um eine derartige Möglichkeit ist der Voreigentümer, der die Nutzung zum vertraglich vereinbarten Mietzins dem Mieter bis zum Eigentumsübergang gewähren musste und gewährt hat, nicht bereichert worden. Bereichert ist vielmehr der neue Vermieter, der die Mietsache vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit zurückerhält und sie dadurch zu einem höheren Mietzins weitervermieten kann (Senatsurteil aaO).


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bb) Diese Grundsätze gelten auch bei einem Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren. Der Ersteigerer erhält aufgrund seiner Kündigung die Mietsache früher zurück als nach dem Mietvertrag vorgesehen.

Wenn er deshalb das Objekt zu einem höheren Mietzins als bisher vermieten kann, ist allein er und nicht der ursprüngliche Vermieter bereichert.


Die vom Berufungsgericht angeführten Bedenken, der Schutz der Realgläubiger gebiete es, den Ersteher bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht nach Bereicherungsrecht haften zu lassen, teilt der Senat nicht.

Seine Auffassung, in der Zwangsversteigerung ließen sich keine angemessenen Erlöse mehr erzielen, weil der Interessent gezwungen sei, kein oder nur ein geringeres Gebot abzugeben, vermag nicht zu überzeugen.


Sie beruht auf einem unzutreffenden Verständnis der Bereicherung. Dem vom Senat in der Entscheidung vom 5. Oktober 2005 bejahten Bereicherungsanspruch ist der Ersteigerer nur dann ausgesetzt, wenn er die Mietsache vorzeitig zurückerhält und sie zu einem höheren Mietzins als bisher weiter vermieten kann.

Nur wenn er mehr erlösen kann, als er nach dem bisherigen Vertrag erhalten hat, ist er bereichert. Erlöst er nur das, was er bisher erhalten hat, besteht kein Anspruch gegen ihn.


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Er muss also gerade nicht befürchten, dass seine Einnahmemöglichkeiten durch einen Bereicherungsanspruch geschmälert werden und hat deshalb keine begründete Veranlassung, ein geringeres Gebot im Versteigerungsverfahren abzugeben.

Die Auffassung des Bundesgerichtshofs in den vom Berufungsgericht erwähnten Entscheidungen beruht auf der - überholten - Vorstellung, dass der ursprüngliche Vermieter durch die Investition des Mieters bereichert ist.


Sieht man den Umfang der Bereicherung aber nicht in der Höhe der Aufwendung des Mieters und nicht im Zeitwert der Investitionen oder der Verkehrswertsteigerung des Mietobjektes bei Rückgabe, sondern allein in der Erhöhung des Ertragswertes, den der Vermieter früher als vertraglich vorgesehen durch anderweitige Vermietung zu einem höheren Mietzins realisieren kann (so Senatsurteil vom 5. Oktober 2005 aaO), so kann sich der Anspruch nur gegen die Person richten, die das Mietobjekt vorzeitig zurückerhält.


3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin bereichert ist. Der Rechtsstreit muss deshalb an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen kann.


BGH, Urteil vom 16. September 2009

- XII ZR 73/07 - –

ebenso: - XII ZR 72/07 -


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