Bundesgerichtshof Entscheidungen

Pflicht des Zwangsverwalters einer Wohnung zur Anlage der Kaution - VIII ZR 184/08 -


Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im März 2009 entschieden, dass der Zwangsverwalter einer Mietwohnung zur Anlage einer vom Mieter geleisteten Mietsicherheit verpflichtet ist, auch wenn die Mietsicherheit nicht von dem Vermieter an den Zwangsverwalter ausgekehrt worden ist.


ZVG § 152 Abs. 2; BGB § 551 Abs. 3

Den Zwangsverwalter einer Mietwohnung trifft auch die Pflicht des Vermieters zur Anlage einer vom Mieter als Sicherheit geleisteten Geldsumme bei einem Kreditinstitut; dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Kaution nicht an den Zwangsverwalter ausgehändigt hat (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596).


Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in F. . Im Mietvertrag vom 26. April 1971 ist unter § 31 zur Sicherheitsleistung bestimmt:

"Der Mieter gibt dem Vermieter für die Einhaltung der ihm aus diesem Vertrag obliegenden Verbindlichkeiten zinslos eine Sicherheit in Höhe von 1.600 DM. Die Sicherheit ist bar auf das Konto Nr. … Bank für G. zu zahlen. Die Sicherheitsleistung wird fällig bei Abschluss des Mietvertrags."


Die Klägerin (Mieterin) zahlte die Kaution zu Beginn des Mietverhältnisses auf das im Mietvertrag angegebene Konto des Vermieters ein. Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Oktober 2001 zum Zwangsverwalter bestellt. Die Kaution wurde ihm vom Vermieter nicht ausgehändigt.


Die Klägerin (Mieterin) hat den Beklagten (Zwangsverwalter) - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf "Anlage der am 18. Mai 1971 gezahlten Kaution von 1.600 DM (818,07 €) nebst Zinsen entsprechend § 551 Abs. 3 BGB" in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hat den Beklagten (Zwangsverwalter) insoweit durch Teilurteil antragsgemäß verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten (Zwangsverwalters) zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte (Zwangsverwalter) die Abweisung der Klage.


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In den Entscheidungsgründen heißt es:

Die Revision hat nur hinsichtlich der Verzinsung der Kaution Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Der Klägerin (Mieterin) stehe gemäß § 152 Abs. 2 ZVG in Verbindung mit § 551 Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Anlage der Kaution zu.

Der Mietvertrag sei auch gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam, da das Grundstück dem Mieter vor der Beschlagnahme überlassen worden sei. Darauf, dass er die Kaution nicht vom Vermieter erhalten habe, könne sich der Beklagte (Zwangsverwalter) nicht berufen.

Bei einer Überlassung des Grundstücks vor der Beschlagnahme seien die Miet- und Pachtverträge - auch um den Preis einer Schmälerung der Haftungsmasse - gemäß § 152 Abs. 2 ZVG privilegiert.


Der Zwangsverwalter habe anstelle des Schuldners dessen Vermieterrechte zu verfolgen und dessen Pflichten zu erfüllen. Grundsätzlich umfasse die Eintrittspflicht des Verwalters in die Vermieterstellung auch die bestehende Kautionsabrede.

Deshalb müsse nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Zwangsverwalter die Kautionsleistung an den Vermieter gegen sich gelten lassen, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Rückgabe der Kaution verlange.

Aus dem umfassenden Eintritt in die Vermieterstellung ergebe sich mithin auch die Pflicht des Zwangsverwalters, eine vom Mieter noch an den Schuldner geleistete Mietkaution gemäß § 551 Abs. 3 BGB anzulegen.


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II. Die Revision hat nur den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die weitergehende Revision zurückzuweisen ist.


Der Beklagte (Zwangsverwalter) ist verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 818,17 € als Mietkaution der Klägerin (Mieterin) getrennt vom Vermögen des Vermieters bei einem Kreditinstitut anzulegen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, diesen Betrag verzinslich und zuzüglich in der Vergangenheit aufgelaufener Zinsen anzulegen.


1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mietvertrag vom 26. April 1971 gegenüber dem Beklagten als Zwangsverwalter wirksam ist, weil der Klägerin (Mieterin) die Wohnung vom Vermieter schon vor der Beschlagnahme des Grundstücks überlassen war.

Nach § 152 Abs. 2 ZVG hat der Verwalter anstelle des Schuldners dessen Vermieterrechte zu verfolgen und dessen Pflichten zu erfüllen, weil der Schuldner dazu aufgrund der Beschlagnahme und der damit verbundenen Entziehung der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks nicht mehr in der Lage ist.

Der Zwangsverwalter wird deshalb in allen Fällen, in denen Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis berührt sind, wie ein Vermieter behandelt; dies gilt auch im Hinblick auf die Kautionsvereinbarung und selbst dann, wenn der Verwalter die Kaution vom Vermieter nicht erhalten hat (Senatsurteile vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 11/03, NZM 2003, 849, unter II 2 sowie vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596, unter II 3).


Die Pflichten des Zwangsverwalters umfassen auch die dem Vermieter gemäß § 551 Abs. 3 BGB obliegende Pflicht, eine vom Mieter geleistete Barkaution getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut anzulegen.

Dass diese Verpflichtung bereits vom Vermieter (Zwangsverwaltungsschuldner) erfüllt worden wäre, macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.


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Der von der Revision erhobene Einwand, der Verwalter trete nicht vollständig in die Rechtsstellung des Vermieters ein, sondern nur insoweit, als hierdurch keine Gläubigerinteressen berührt würden, weil anderenfalls die Gläubiger durch die Zwangsverwaltung schlechter gestellt seien, greift nicht durch.

Zwar trifft es zu, dass die Haftungsmasse der Gläubiger geschmälert wird, wenn der Vermieter die Verpflichtungen aus der Kautionsabrede auch dann erfüllen muss, wenn ihm der Vermieter die vom Mieter gezahlte Kaution nicht ausgehändigt hat. Dies ist aber wegen des einer Treuhand ähnlichen Verhältnisses zwischen Mieter und Vermieter im Hinblick auf die Gewährung der Kaution gerechtfertigt und vom Gesetzgeber gewollt (Senatsurteil vom 16. Juli 2003, aaO, unter II 2 b).


2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber - ohne nähere Begründung - angenommen, dass der Beklagte die Kaution, wie das Amtsgericht tenoriert hat, "nebst Zinsen" anzulegen habe.

Zwar erlegt § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB dem Vermieter die Pflicht auf, die Kaution des Mieters verzinslich anzulegen, und stehen die Zinsen aus der Kaution gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB dem Mieter zu.

Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 8 EGBGB gilt dies aber nicht, wenn die Verzinsung der Kaution vor dem 1. Januar 1983 durch Vertrag ausgeschlossen worden ist; § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB findet in diesem Fall keine Anwendung. Damit bleiben Vereinbarungen, durch die eine Verzinsungspflicht vor diesem Zeitpunkt wirksam ausgeschlossen worden ist, wirksam (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 77).


Diese Voraussetzung ist hier gegeben, denn in § 31 des Mietvertrags vom 26. April 1971 ist ausdrücklich eine zinslose Kaution vereinbart. Dies führt dazu, dass der Beklagte (Zwangsverwalter) nur den Kautionsbetrag von 818,07 € getrennt vom Vermögen des Vermieters bei einem Kreditinstitut anzulegen hat, zu einer Verzinsung der Kaution oder ihrer verzinslichen Anlage hingegen nicht verpflichtet ist.


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III. Da sich das Urteil des Berufungsgerichts bezüglich der Verpflichtung des Beklagten (Zwangsverwalters) zur Anlage der Kaution als richtig erweist, ist die Revision insoweit zurückzuweisen. Hinsichtlich der Verzinsung der Kaution hat das Berufungsurteil hingegen keinen Bestand und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Hinsichtlich des Zinsausspruchs ist das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.


BGH, Urteil vom 11. März 2009

- VIII ZR 184/08 -


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